RATGEBER

Abtretungsfrist im privaten Insolvenzverfahren

Was genau bedeutet Abtretungsfrist laut InsO?
Was genau bedeutet Abtretungsfrist laut InsO?

FAQ: Abtretungsfrist

Was ist die Abtretungsfrist im Insolvenzverfahren?

Ab Eröffnung der Privatinsolvenz muss der Schuldner den pfändbaren Anteil seines Einkommens für drei Jahre an den Treuhänder bzw. Insolvenzverwalter abtreten. Dieser Zeitraum wird in § 287 InsO als Abtretungsfrist bezeichnet. Er ist jedoch eher als Wohlverhaltensphase bekannt.

Wie viel Einkommen darf der Schuldner während der Abtretungsfrist behalten?

Der Schuldner darf mindestens 1.409,99 € monatlich behalten – das ist der aktuelle Pfändungsfreibetrag. Verdient er mehr Geld oder gewährt er anderen Personen gesetzlichen Unterhalt, so steigt dieser Freibetrag. Hier erfahren Sie mehr. Lesen Sie hierzu auch unseren Ratgeber zur Pfändungstabelle.

Was müssen Schuldner während der Abtretungsfrist beachten?

Während der Wohlverhaltensphase müssen Schuldner unter anderem einer angemessenen Arbeit nachgehen und bestimmte Obliegenheiten erfüllen, die wir an dieser Stelle kurz zusammenfassen.

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Abtretungsfrist: Wie lange bekommt der Insolvenzverwalter Geld?

Die Abtretungsfrist beginnt mit der Insolvenzeröffnung und dauert drei Jahre.
Die Abtretungsfrist beginnt mit der Insolvenzeröffnung und dauert drei Jahre.

Wenn ein Verbraucher Privatinsolvenz anmeldet, muss er in seinem Insolvenzantrag erklären, dass er sein pfändbares Arbeitseinkommen oder „an deren Stelle tretende laufende Bezüge“ an einen Treuhänder abtritt – und zwar für einen Zeitraum von drei Jahren ab Eröffnung des Insolvenzverfahrens.

Das ist die sogenannte Abtretungsfrist im Sinne des § 287 InsO – eher bekannt als Wohlverhaltensphase.

Während dieser drei Jahre erhält der Insolvenzverwalter bzw. Treuhänder also Geld vom Schuldner, das er gleichmäßig auf alle Gläubiger verteilt, um so deren Forderungen zu befriedigen und die Schulden zu begleichen.

Im Falle einer erneuten Privatinsolvenz dauert die Abtretungsfrist fünf Jahre. Das gilt für alle nach dem 30. September 2020 beantragten Insolvenzverfahren, in denen das Insolvenzgericht bereits eine Restschuldbefreiung erteilt hat.

Pfändbares Einkommen während der Abtretungsfrist

Laut § 287 InsO muss der Schuldner während der Abtretungsfrist „seine pfändbaren Forderungen auf Bezüge aus einem Dienstverhältnis oder auf an deren Stelle tretende laufende Bezüge“ an den Treuhänder abtreten.

Als pfändbares Arbeitseinkommen und gleichgestellte Bezüge gelten insbesondere:

  • Lohn bzw. Gehalt
  • Beamtenbezüge
  • Hinterbliebenenbezüge (Witwen- und Waisenrente)
  • Altersrente
  • Arbeitslosengeld
  • Krankengeld

Welcher Anteil des Einkommens jeweils pfändbar ist, richtet sich einerseits nach der Höhe des bereinigten Nettoeinkommens und andererseits danach, wie vielen Personen der Schuldner gesetzlichen Unterhalt zahlt.

Je höher das Nettoeinkommen und die Anzahl der Unterhaltsberechtigten, desto höher ist auch der Pfändungsfreibetrag – sprich: desto mehr Geld darf der Schuldner während der Abtretungsfrist behalten.

  • Derzeit liegt der Pfändungsfreibetrag bei 1.409,99 € monatlich für Alleinstehende ohne Unterhaltspflichten.
  • Einem Schuldner, der einer Person Unterhalt leistet, darf 1.939,99 € pro Monat behalten.
  • Leistet ein Schuldner zwei Personen gesetzlichen Unterhalt, so liegt der Pfändungsfreibetrag bei 2.229,99 €.
  • Bei drei unterhaltsberechtigten Personen steigt der Freibetrag auf 2.519,99 €.

Obliegenheiten: Was müssen Schuldner während der Abtretungsfrist beachten?

Während der Abtretungsfrist muss der Schuldner pfändbares Einkommen an den Insolvenzverwalter abtreten.
Während der Abtretungsfrist muss der Schuldner pfändbares Einkommen an den Insolvenzverwalter abtreten.

Mit Eröffnung der Privatinsolvenz muss der Schuldner nicht nur sein pfändbares Einkommen an den Treuhänder abtreten. Er hat außerdem einige Obliegenheiten zu erfüllen, wenn er die Erteilung der Restschuldbefreiung anstrebt.

Die wohl wichtigste Obliegenheit während der Abtretungsfrist ist die Erwerbsobliegenheit. Der Schuldner muss während der Wohlverhaltensphase einer angemessenen Erwerbstätigkeit nachgehen, um möglichst viel Einkommen für die Schuldentilgung zu erzielen.

Wer arbeitslos, aber erwerbsfähig ist, hat sich ernsthaft um eine angemessene Arbeit – in der Regel um eine Vollzeitstelle – zu bemühen.

Darüber hinaus obliegt es dem Schuldner bis zu Ende der Abtretungsfrist unter anderem, …

  • ein Erbe oder eine Schenkung zur Hälfte an den Insolvenzverwalter herauszugeben – dies gilt nicht für gebräuchliche Gelegenheitsgeschenke
  • Lotteriegewinne und ähnliche Gewinne vollständig an den Insolvenzverwalter herauszugeben – geringwertige Gewinne sind hiervon ausgenommen
  • jeden Wohnort- und Arbeitswechsel dem Insolvenzverwalter und dem Insolvenzgericht unverzüglich mitzuteilen
  • dem Gericht und Insolvenzverwalter auf deren Verlangen Auskunft zu erteilen über seine Arbeit, seine Bewerbungsbemühungen sowie über Einkommen und Vermögen
  • mit Beginn der Abtretungsfrist nur noch an den Insolvenzverwalter zahlen und nicht mehr an die Insolvenzgläubiger
  • unangemessene Verbindlichkeiten und Vermögenverschwendungen zu unterlassen

Wenn der Schuldner seine Obliegenheiten während der Abtretungsfrist umfassend erfüllt, erteilt das Insolvenzgericht die Restschuldbefreiung. Bei einer Obliegenheitsverletzung hingegen können die am Insolvenzverfahren teilnehmenden Insolvenzgläubiger die Versagung der Restschuldbefreiung beantragen.

Ist man nach 3 Jahren Privatinsolvenz schuldenfrei?

Wer zum zweiten Mal Privatinsolvenz anmeldet, durchläuft eine Abtretungsfrist von fünf Jahren.
Wer zum zweiten Mal Privatinsolvenz anmeldet, durchläuft eine Abtretungsfrist von fünf Jahren.

Mit Erteilung der Restschuldbefreiung ist der Schuldner seine Schulden los. Er muss die noch offenen Verbindlichkeiten, die während der Privatinsolvenz nicht getilgt werden konnten, nicht mehr bezahlen. Dies gilt auch gegenüber jenen Gläubigern, die ihre Forderungen nicht beim Insolvenzverwalter angemeldet haben.

Allerdings ist der Verbraucher nur dann wieder völlig schuldenfrei, wenn er während der Abtretungsfrist keine neuen Schulden gemacht hat. Für sie gilt die Restschuldbefreiung nicht.

Darüber hinaus sind laut § 302 InsO bestimmte Schulden von der Restschuldbefreiung ausgenommen, zum Beispiel:

  • Verbindlichkeiten, die auf einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung des Schuldners beruhen
  • Unterhaltsschulden, die der Schuldner vorsätzlich und pflichtwidrig nicht bezahlt
  • auf einer Steuerstraftat beruhende Steuerschulden
  • Geldstrafen
  • ein zinsloses Darlehen, dass dem Schuldner auf Bezahlung der Verfahrenskosten der Privatinsolvenz gewährt wurde

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