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Obliegenheit in der Privatinsolvenz: 5 Auflagen des Schuldners

Was ist eine Obliegenheitspflicht?
Was ist eine Obliegenheitspflicht?

FAQ: Obliegenheit

Was sind Obliegenheiten?

Eine Obliegenheit ist laut Definition eine Verhaltensnorm, die der Schuldner im eigenen Interesse beachten sollte, um Rechtsnachteile zu vermeiden. Weil es sich dabei nicht um eine Rechtspflicht handelt, kann der Gläubiger deren Einhaltung auch nicht einklagen. An dieser Stelle finden Sie eine ausführlichere Erläuterung des Begriffs.

Welche Auflagen muss der Schuldner während seiner Privatinsolvenz erfüllen?

Eine der wichtigsten Auflagen ist die Erwerbsobliegenheit, die wir in diesem Abschnitt erläutern. darüber hinaus muss der Schuldner den Treuhänder und das Gericht unverzüglich informieren, wenn er den Wohnsitz oder die Arbeitsstelle wechselt. Welche Obliegenheiten er noch erfüllen muss, erfahren Sie hier.

Welche Folgen hat eine Obliegenheitsverletzung in der Privatinsolvenz?

Insolvenzgläubiger, die ihre Forderungen zur Insolvenztabelle angemeldet haben, dürfen die Versagung der Restschuldbefreiung beim Insolvenzgericht beantragen, wenn sie glaubhaft machen können, dass der Schuldner eine Obliegenheit im Sinne des § 290 InsO verletzt hat.

Was ist eine Obliegenheit?

Nach der juristischen Definition beschreibt eine Obliegenheit Verhaltensregeln, die der Schuldner beachten soll. Der Gläubiger kann den Schuldner aber nicht zwingen, diese Regeln einzuhalten. Denn Obliegenheiten sind keine Rechtspflichten, sondern Gebote, denen der Schuldner im eigenen Interesse nachkommen sollte, um Nachteile zu vermeiden. Verletzt er eine Obliegenheit, verliert er damit beispielsweise bestimmte bereits bestehende Rechte oder Vorteile bzw. er erhält bestimmte Rechte erst gar nicht.

Ein kleines Beispiel zur Veranschaulichung: Wer als Käufer einen Kaufvertrag abschließt, ist rechtlich verpflichtet, den Kaufpreis zu bezahlen. Tut er das nicht, kann ihn der Gläubiger, also der Verkäufer, auf Bezahlung verklagen. Denn der Käufer verletzt eine Rechtspflicht, nämlich seine Hauptleistungspflicht, die Ware zu bezahlen.

Bei einer Obliegenheitsverletzung ist eine solche Klage nicht möglich. Wenn ein Schuldner während seiner Privatinsolvenz Vermögen verschwendet, indem er sich einen teuren Urlaub gönnt, verletzt er damit eine Obliegenheit. Die Insolvenzgläubiger können ihn dann nicht darauf verklagen, dass der Schuldner solche unangemessenen Verbindlichkeiten unterlässt. Trotzdem schadet sich der Schuldner selbst, weil die Gläubiger in einem solchen Fall die Versagung der Restschuldbefreiung beim Insolvenzgericht beantragen dürfen.

5 Obliegenheiten: Welche Auflagen gelten bei der Privatinsolvenz?

Laut Definition ist die Obliegenheit eine Verhaltensregel, die der Schuldner im eigenen Interesse beachten sollte.
Laut Definition ist die Obliegenheit eine Verhaltensregel, die der Schuldner im eigenen Interesse beachten sollte.

Während der Privatinsolvenz müssen Schuldner den pfändbaren Anteil ihres Einkommens zur Schuldentilgung an den Treuhänder abgeben. Über den ihnen verbleibenden Pfändungsfreibetrag können sie hingegen frei verfügen. Auch sonst dürfen sie weitestgehend frei entscheiden.

Die Restschuldbefreiung erhalten sie aber nur, wenn sie folgenden Obliegenheiten im Sinne des § 295 InsO nachkommen:

  1. Erwerbsobliegenheit
  2. Obliegenheit zur (vollen oder anteiligen) Herausgabe von Erbschaften, Schenkungen und Lotteriegewinnen
  3. Auskunftspflichten
  4. Gläubigergleichbehandlung
  5. Obliegenheit, keine unangemessenen Verbindlichkeiten zu begründen

Verstößt der Schuldner gegen eine solche Obliegenheitsverpflichtung, kann der Insolvenzgläubiger die Versagung der Restschuldbefreiung beim Insolvenzgericht beantragen. Wenn das Gericht diesem Antrag nachkommt, bleiben sämtliche Restschulden nach der Privatinsolvenz bestehen – mit der Folge, dass die Insolvenzgläubiger sehr leicht die Zwangsvollstreckung betreiben können. Einen Vollstreckungstitel haben sie bereits – den Auszug aus der Insolvenztabelle. Auch ein nachträglicher Widerruf einer bereits erteilten Restschuldbefreiung ist möglich, wenn herauskommt, dass der Schuldner eine Obliegenheit verletzt hat.

Erwerbsobliegenheit während der Privatinsolvenz

Laut § 287b InsO „obliegt es dem Schuldner, eine angemessene Erwerbstätigkeit auszuüben und, wenn er ohne Beschäftigung ist, sich um eine solche zu bemühen und keine zumutbare Tätigkeit abzulehnen.“

Im Normalfall bedeutet dies, dass Schuldner einer Vollzeitbeschäftigung nachgehen oder sich regelmäßig um eine solche bewerben muss – vorausgesetzt, er befindet sich im erwerbstätigen Alter, ist gesundheitlich fit und muss kein kleines Kind betreuen. Wie weit die Erwerbsobliegenheit geht, ist also immer eine Frage des Einzelfalls sowie der persönlichen Umstände des Schuldners.

Obliegenheit zur Herausgabe von Erbschaften, Schenkungen und Lotteriegewinnen

Im Falle einer Obliegenheitsverletzung droht dem Schuldner die Versagung der Restschuldbefreiung.
Im Falle einer Obliegenheitsverletzung droht dem Schuldner die Versagung der Restschuldbefreiung.

Erbt ein Schuldner während der Wohlverhaltensphase oder kommt ihm in dieser Zeit eine Schenkung zugute, so muss er die Hälfte davon an den Treuhänder herausgeben. „Gebräuchliche Gelegenheitsgeschenke” sind von dieser Herausgabeobliegenheit ausgenommen. Außerdem steht es dem Schuldner frei, die Erbschaft auszuschlagen, sodass sie dem in der Erbfolge nächsten Hinterbliebenen zugute kommt. Er verstößt damit nicht gegen seine Obliegenheit.

Lotterie- und ähnliche Gewinne muss der Schuldner sogar in voller Höhe an den Treuhänder herausgeben. Geringwertige Gewinne darf der Schuldner jedoch behalten.

Auskunftspflichten während der Wohlverhaltensphase

§ 295 Nr. 3 InsO formuliert die Obliegenheit, dem Treuhänder und dem Insolvenzgericht jeden Wechsel des Wohnsitzes und des Arbeitgebers mitzuteilen.

Er darf die von seiner Abtretungserklärung erfassten Einkünfte sowie Erbschaften, Schenkungen und Gewinne nicht verheimlichen und muss auf Verlangen Auskunft zu seinem Einkommen und Vermögen erteilen.

Auf Nachfrage des Gerichts oder des Treuhänders muss der Schuldner Auskunft geben zu seiner Erwerbstätigkeit bzw. zu seinen Bewerbungsbemühungen. Es empfiehlt sich deshalb, sämtliche Bewerbungen, Vorstellungsgespräche und ähnliches genau zu dokumentieren.

Obliegenheit der Gläubigergleichbehandlung

Die Regelungen der Insolvenzordnung dienen unter anderem einer gleichmäßigen Befriedigung aller Gläubiger. Dem Schuldner obliegt es, dieses Ziel nicht zu gefährden. Aus diesem Grund darf er zu deren Befriedigung nur noch an den Treuhänder zahlen. Es ist ihm untersagt, einzelnen Insolvenzgläubigern Sondervorteile zu verschaffen.

Sobald das Insolvenzgericht die Privatinsolvenz eröffnet, hat der Schuldner seine Zahlungen an die Gläubiger, die am Insolvenzverfahren teilnehmen, einzustellen. Er darf dann auch keine Ratenzahlungen mehr leisten, um seine Schulden abzubauen.

Keine unangemessenen Verbindlichkeiten und Vermögensverschwendungen

Während der Privatinsolvenz müssen sich Schuldner etwas einschränken und sollten einen bescheidenen Lebensstil pflegen. Das bedeutet jedoch nicht, dass ein Schuldner gegen diese Obliegenheit verstößt, sobald er neue Verbindlichkeiten begründet. Geht beispielsweise seine Waschmaschine kaputt, darf er sich durchaus ein neues Gerät anschaffen. Aber er sollte wirtschaftlich vernünftig handeln und kein Vermögen verschwenden. Luxusurlaub, neue Konsumschulden und teure, aber unnötige Anschaffungen stellen damit ggf. eine Obliegenheitsverletzung dar.

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