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Energieschulden: Wenn Sie Strom und Gas nicht mehr zahlen können

Energieschulden zählen zu den sogenannten Primärschulden.
Energieschulden zählen zu den sogenannten Primärschulden.

Laut Angaben des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft wird fast die Hälfte aller Häuser und Wohnungen in Deutschland mit Gas beheizt. Dementsprechend treffen die vor dem Hintergrund des Ukrainekrieges stark ansteigenden Gaspreise viele Haushalte. Zusätzlich ziehen auch die Strompreise an. Das führt dazu, dass viele Betroffene nicht mehr dazu in der Lage sind, ihre Rechnungen zu bezahlen. Was können Sie bei Energieschulden unternehmen?

FAQ: Energieschulden

Was passiert, wenn man Strom oder Gas nicht bezahlt?

Sie erhalten keinen Strom bzw. kein Gas mehr, wenn Sie Ihre Rechnungen nicht bezahlt haben und Energieschulden von mindestens 100 Euro angehäuft haben. Dies wird auch als Gas- bzw. Stromsperre bezeichnet. Welche weiteren Voraussetzungen für die Unterbrechung der Energieversorgung erfüllt werden müssen, können Sie hier nachlesen.

Wie lange darf der Strom abgeschaltet werden?

Die Stromzufuhr wird so lange unterbrochen, bis Sie Ihre Schulden beglichen haben. Zusätzlich zur offenen Forderung kommen dabei noch weitere Posten auf den Schuldner zu, nämlich Gebühren für die Unterbrechung sowie die Wiederherstellung der Stromversorgung.

Was tun bei hohen Energieschulden?

Es ist wichtig, dass Sie sich schnellstmöglich mit dem Energieversorger in Verbindung setzen, wenn Sie Energieschulden haben – ansonsten droht ein Sperrverfahren. Sie können unter anderem versuchen, eine Ratenzahlung oder eine Stundung zu vereinbaren. Wie Sie Schulden dieser Art vermeiden können, erfahren Sie an dieser Stelle.

Wer kann mir helfen bei Stromschulden?

Hilfe erhalten Sie unter anderem bei professionellen Schuldnerberatungsstellen, Verbraucherzentralen oder auf Schulden spezialisierten Anwälten. Sind Sie Arbeitslosengeld-II-Empfänger, können Sie außerdem beim zuständigen Jobcenter ein Darlehen beantragen, um damit Ihre Energieschulden zu begleichen.

Was sind Energieschulden und wie entstehen sie?

Energieschulden entstehen, wenn Sie Ihre Rechnungen für Strom und bzw. oder Gas nicht mehr bezahlen können. Die Gründe für einen solchen Zahlungsausfall sind vielfältig: steigende Preise, Arbeitslosigkeit, ein geringes Einkommen, Krankheit oder ein nicht an die finanziellen Möglichkeiten angepasstes Konsumverhalten sind nur einige davon.

Energieschulden zählen zu den sogenannten Primärschulden. Hierbei handelt es sich um Schulden, die die Existenz des Betroffenen gefährden. Ein weiteres Beispiel sind Mietschulden. Zahlen Sie Ihre Miete nicht, droht eine Kündigung vonseiten des Vermieters – und damit der Verlust der Wohnung sowie im schlimmsten Falle Obdachlosigkeit.

Welche Folgen hat es, wenn Sie Strom oder Gas nicht zahlen können?

Haben Sie Stromschulden, kommen zusätzlich Mahngebühren hinzu.
Haben Sie Stromschulden, kommen zusätzlich Mahngebühren hinzu.

Haben Sie Gas- oder Stromschulden angehäuft, kann dies weitreichende Folgen haben. Gemäß § 19 der Stromgrundversorgungsverordnung (StromGVV) sowie § 19 der Gasgrundversorgungsverordnung (GasGVV) haben Energieversorger nämlich das Recht, die Versorgung unterbrechen zu lassen.

Als Verdeutlichung hier ein Auszug aus § 19 Abs. 2 StromGVV:

Bei anderen Zuwiderhandlungen, insbesondere bei der Nichterfüllung einer Zahlungsverpflichtung trotz Mahnung, ist der Grundversorger berechtigt, die Grundversorgung vier Wochen nach Androhung unterbrechen zu lassen und den zuständigen Netzbetreiber nach § 24 Absatz 3 der Niederspannungsanschlussverordnung mit der Unterbrechung der Grundversorgung zu beauftragen.

Energieschulden führen also zu einer Gas- bzw. Stromsperre. Das bedeutet: Sie erhalten kein Gas mehr und können somit nicht mehr heizen oder die Stromversorgung wird gekappt – mit entsprechenden Folgen.

Bedenken Sie: Haben Sie Energieschulden, werden zusätzliche Mahngebühren fällig. Wird Ihnen tatsächlich Strom oder Gas vom Energieversorger abgestellt, müssen Sie außerdem auch dafür eine entsprechende Gebühr entrichten. Ihre Schulden wachsen also an.

Wann darf der Versorger Strom oder Gas abstellen?

Bei Energieschulden hat der Versorger also das Recht, die Versorgung mit Energie – also Strom oder Gas – zu unterbrechen. Dazu kommt es aber nicht in jedem Fall. Es müssen nämlich einige Voraussetzungen erfüllt werden, damit es tatsächlich zur Sperre kommen kann. Dazu gehören die Folgenden:

  • Die Energieschulden betragen mindestens 100 Euro.
  • Der Energieversorger hat Ihnen eine Mahnung zukommen lassen.
  • Vier Wochen vor der Sperre muss der Versorger diese schriftlich angedroht haben.
  • Er muss Sie darüber in Kenntnis gesetzt haben, wie Sie die Unterbrechung der Energieversorgung vermeiden können – etwa mit einem Hinweis auf Hilfe durch eine Schuldnerberatung oder das Angebot einer Ratenzahlung.
  • Der Versorger muss Ihnen spätestens drei Tage vor Abstellung der Energieversorgung eine Ankündigung über den Vorgang zugestellt haben.

Auch wenn diese Voraussetzungen erfüllt werden, muss es bei bestehenden Energieschulden jedoch nicht zwangsläufig zu einer Sperre kommen. Diese darf nämlich nicht erfolgen, wenn diese unverhältnismäßig wäre. Das ist etwa dann der Fall, wenn kleine Kinder oder pflegebedürftige Personen in Ihrer Wohnung leben.

Auch, wenn Sie Ihrem Energieversorger überzeugend darlegen, dass Sie zukünftig Ihre Rechnungen bezahlen können und werden, dann wird von einer Sperre von Strom oder Gas abgesehen.

Unsere Tipps: Wie können Sie Strom- und Gasschulden vermeiden?

Haben Sie Gasschulden, droht eine Unterbrechung der Energieversorgung - die Heizung bleibt kalt.
Haben Sie Gasschulden, droht eine Unterbrechung der Energieversorgung – die Heizung bleibt kalt.

Dafür, dass Sie gar nicht erst Energieschulden anhäufen, können Sie einiges tun. Dazu gehören unter anderem die folgenden Punkte:

  • Überprüfen Sie regelmäßig Ihren Energieverbrauch – etwa, indem Sie die Zählerstände ablesen. Spezielle Beratungen können Ihnen dabei helfen, Ihren Verbrauch zu senken und dadurch Kosten zu sparen.
  • Führen Sie einen Anbieterwechsel durch. Gerade die Grundversorger sind häufig die teuersten Anbieter, während die Konkurrenz günstigere Konditionen anbietet.
  • Rechnungen für Miete, Strom, Gas etc. sollten Sie zuerst zahlen. Offene Forderungen dieser Art gehen vor.
  • Werden bei Ihnen stets hohe Nachzahlungen fällig, die Sie nur schwer stemmen können? Unter Umständen lohnt es sich, die Abschlagszahlungen zu erhöhen. Dann haben Sie zwar jeden Monat eine höhere Belastung, dafür erwartet Sie dann aber keine hohe Einzelrechnung nach der Jahresabrechnung.

Wenn Sie Energieschulden anhäufen: Was können Sie tun? Wer bietet Hilfe an?

Bei Primärschulden, zu denen die Energieschulden zählen, ist es besonders wichtig, dass Sie schnell handeln und nicht etwa den Kopf in den Sand stecken. Denken Sie daran: Es droht eine Unterbrechung der Versorgung mit Gas oder Strom, wenn Sie Ihre Schulden nicht bezahlen.

Setzen Sie sich im besten Falle schnellstmöglich mit dem Energieversorger in Verbindung. Häufig sind die Chancen gut, dass sich eine Lösung findet, mit der beide Seiten zufrieden sind. Sie können beispielsweise eine Stundung – also das Verschieben der Zahlung auf ein Datum in der Zukunft – oder eine Ratenzahlung vereinbaren.

Benötigen Sie professionelle Hilfe, können Sie sich an eine Stelle der Schuldnerberatung wenden. Auch einige Beratungsstellen der Verbraucherzentralen sowie entsprechend spezialisierte Rechtsanwälte können Ihnen helfen, wenn Sie nicht wissen, wie Sie mit Ihren Energieschulden am besten umgehen sollten.

Beziehen Sie Hartz-4-Leistungen, haben Sie außerdem die Möglichkeit, ein Darlehen zu beantragen, mit dem die Energieschulden abbezahlt werden können.

Was tun, wenn es tatsächlich zur Sperre kommt?

Haben Sie Energieschulden, sollten Sie versuchen, eine Einigung mit dem Energieversorger zu erzielen.
Haben Sie Energieschulden, sollten Sie versuchen, eine Einigung mit dem Energieversorger zu erzielen.

Was können Sie unternehmen, wenn es wegen Energieschulden tatsächlich zu einer Unterbrechung der Versorgung durch den Energieversorger kommt? Prüfen Sie in diesem Fall zunächst, ob die Sperre tatsächlich berechtigt ist. Wurden Sie rechtzeitig darüber informiert? Leben kleine Kinder in Ihrem Haushalt? In diesen Fällen ist eine Strom- bzw. Gassperre nämlich nicht erlaubt und darüber sollten Sie den Versorger unverzüglich unter Einreichung entsprechender Unterlagen informieren.

Versuchen Sie (noch einmal), mit Ihrem Versorger eine gemeinsame Lösung zu finden. Nehmen Sie Hilfe von der Schuldnerberatung oder anderen Stellen in Anspruch, wenn Sie bei diesem oder anderen Schritten Unterstützung benötigen.

Ist die Sperre berechtigt, wird diese erst dann aufgehoben, wenn Sie Ihre Energieschulden abbezahlt haben. Dabei sollten Sie berücksichtigen, dass sowohl für die Unterbrechung als auch für deren Aufhebung Gebühren anfallen, die Sie als Schuldner zusätzlich zahlen müssen.

Wie verhält es sich mit Energieschulden, wenn Sie ein privates Insolvenzverfahren anmelden? Grundsätzlich zählen ausstehende Forderungen dieser Art als Insolvenzschulden, insofern diese vor Anmeldung der Insolvenz entstanden sind. Trotzdem kann es dazu kommen, dass der Energieversorger eine Gas- bzw. Stromsperre anordnet, auch wenn Sie die Privatinsolvenz durchlaufen. Insolvenzgerichte haben hierzu in der Vergangenheit unterschiedliche Urteile gefällt.

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