RATGEBER

Privatinsolvenz: Voraussetzungen für den Insolvenzantrag

Privatinsolvenz: Unter welchen Bedingungen dürfen Schuldner einen Insolvenzantrag stellen?
Privatinsolvenz: Unter welchen Bedingungen dürfen Schuldner einen Insolvenzantrag stellen?

Wenn Privatpersonen nicht mehr in der Lage sind, ihre Schulden zu bezahlen, können sie die Verbraucherinsolvenz (umgangssprachlich Privatinsolvenz) beantragen. Das ist die letzte Möglichkeit, Schulden auf geordnete Weise abzubauen. Im Anschluss des Verfahrens erwartet den Schuldner die Restschuldbefreiung: Das Gericht befreit ihn per Beschluss von allen übrigen Schulden, die zum Ende des Insolvenzverfahrens noch nicht getilgt wurden.

Allerdings ist der Antrag auf Eröffnung der Privatinsolvenz an bestimmte Voraussetzungen geknüpft. Welche das sind, erläutert dieser Ratgeber.

FAQ: Bedingungen für eine Privatinsolvenz

Was genau bedeutet Privatinsolvenz?

Die Privatinsolvenz ist ein gerichtliches Insolvenzverfahren zum geordneten Schuldenabbau. Hier können sich Privatpersonen über einen gewissen Zeitraum entschulden, indem sie ihr pfändbares Einkommen und Vermögen an den Insolvenzverwalter abtreten. Dieser verteilt das Geld an die Gläubiger.

Ab wann kann man Privatinsolvenz anmelden?

Die Privatinsolvenz steht normalerweise nur zahlungsunfähigen Privatpersonen offen – mit einer Ausnahme, die Sie hier nachlesen können. Eine weitere wichtige Voraussetzung ist, dass der Schuldner nachweisen kann, dass seine Einigung mit den Gläubigern zur Schuldenregulierung gescheitert ist.

Ab welcher Summe ist eine Privatinsolvenz möglich?

Zwar ist Privatinsolvenz an gewisse Voraussetzungen geknüpft, jedoch nicht an eine bestimmte Schuldenhöhe. Es genügt, dass der Schuldner zahlungsunfähig ist oder es zu werden droht.

Wer kann Privatinsolvenz beantragen?

Wer kann Privatinsolvenz beantragen? Das Verfahren steht Privatpersonen offen, z. B. Rentnern, Angestellten und Arbeitslosen.
Wer kann Privatinsolvenz beantragen? Das Verfahren steht Privatpersonen offen, z. B. Rentnern, Angestellten und Arbeitslosen.

Die Verbraucherinsolvenz – so der offizielle Name der Privatinsolvenz – ist ein Verfahren vor dem Insolvenzgericht. Es dient der Schuldenregulierung für Privatpersonen (Verbraucher), die ihre Schulden nicht mehr aus eigener Kraft bewältigen können.

Eine Voraussetzung für die Privatinsolvenz ist die Antragsberechtigung. Wer dieses Insolvenzverfahren anmelden darf, regelt § 304 Insolvenzordnung (InsO). Das Verfahren steht demnach folgenden Personen offen:

  • jeder natürlichen Person, „die keine selbstständige wirtschaftliche Tätigkeit ausübt oder ausgeübt hat“ (Abs. 1)
  • jedem ehemaligen Selbstständigen, dessen „Vermögensverhältnisse überschaubar sind“, wenn „gegen ihn keine Forderungen aus Arbeitsverhältnissen bestehen“ (Abs. 2)

Somit ist die Privatinsolvenz unter den Voraussetzungen möglich, dass der betreffende Schuldner eine Privatperson bzw. ein Verbraucher ist. Das trifft auf folgenden Personengruppen zu:

  • Angestellte, Beamte
  • Arbeitslose bzw. Empfänger von ALG II / Hartz IV
  • Rentner
  • Hausfrauen

Unternehmen und Selbstständige müssen hingegen Regelinsolvenz beantragen. Eine Ausnahme hiervon bilden ehemalige Selbstständige

  • mit weniger als 20 Gläubigern („überschaubare Vermögensverhältnisse“),
  • sofern gegen sie keine Ansprüche aus Arbeitsverhältnissen bestehen. Hierzu gehören z. B. Sozialversicherungs- und Krankenkassenbeiträge für Angestellte.

Privatinsolvenz: Weitere Voraussetzungen für eine Insolvenzeröffnung

Ab wieviel Schulden kann man Privatinsolvenz anmelden?
Ab wieviel Schulden kann man Privatinsolvenz anmelden?

Viele Verbraucher fragen sich bei der Privatinsolvenz, ab wieviel Schulden sie die Insolvenz anmelden dürfen. Einen konkreten Betrag gibt das Gesetz nicht vor.

Vielmehr eröffnet das Insolvenzgericht die Privatinsolvenz nur, wenn der Schuldner zahlungsunfähig ist oder es zu werden droht. Das ist der sogenannte Insolvenz- bzw. Eröffnungsgrund.

Zahlungsunfähigkeit bedeutet, dass der Betroffene seine fälligen Verbindlichkeiten nicht mehr bezahlen kann. Wann das der Fall ist, unterscheidet sich von Schuldner zu Schuldner je nach dessen Einkommens- und Schuldensituation.

Im Vergleich zur Unternehmensinsolvenz besteht eine Besonderheit bei der Privatinsolvenz, was die Voraussetzungen betrifft. Unternehmen und Selbstständige können im Falle ihrer Pleite sofort die Insolvenzeröffnung beantragen. Verbraucher können das nicht.

Sie müssen noch eine weitere Voraussetzung für die Privatinsolvenz erfüllen: Sie benötigen eine Bescheinigung darüber, dass die außergerichtliche Einigung zur Schuldenregulierung mit ihren Gläubigern gescheitert ist.

Gescheiterter außergerichtlicher Einigungsversuch

Wer seine Schulden nicht sofort zurückzahlen kann, muss sich zunächst an seine Gläubiger wenden und versuchen, mit diesen eine Einigung zum Schuldenabbau zu erzielen.

Hierfür sollte er die Hilfe einer anerkannten Schuldnerberatungsstelle oder eines Anwalts für Insolvenzrecht in Anspruch nehmen. Denn es gelingt nur mit deren Unterstützung, die letzte der für die Privatinsolvenz erforderlichen Voraussetzungen zu erfüllen.

Diese Schuldenberater sind erfahren im Umgang mit Gläubigern und helfen bei den Verhandlungen mit ihnen. Sie beraten jeden Schuldner individuell und erarbeiten mit ihm einen Schuldenbereinigungsplan. Das ist eine Art Vergleichsangebot zum Schuldenabbau an alle Gläubiger.

Schuldnerberatungsstellen und Anwälte gelten als „anerkannte Stelle“ im Sinne des § 305 InsO. Das heißt, sie können ggf. die zwingend erforderliche Bescheinigung über den gescheiterten Einigungsversuch ausstellen.

Zu den für die Privatinsolvenz zu erfüllenden Voraussetzungen gehört die Bescheinigung über den gescheiterten  Einigungsversuch.
Zu den für die Privatinsolvenz zu erfüllenden Voraussetzungen gehört die Bescheinigung über den gescheiterten Einigungsversuch.

Der Einigungsversuch gilt als gescheitert, wenn ein Gläubiger nicht einverstanden ist mit dem Schuldenbereinigungsplan oder wenn er die Zwangsvollstreckung betreibt. Das Vergleichsangebot scheitert auch dann, wenn der Schuldner die darin enthaltenen Abmachungen nicht einhält.

Nach dem erfolglosen Einigungsversuch kann der Schuldner innerhalb von sechs Monaten Privatinsolvenz anmelden. Die formalen Voraussetzungen erläutern wir im Folgenden.

Insolvenzantrag – weitere erforderliche Unterlagen

Jedes Insolvenzverfahren setzt einen entsprechenden Insolvenzantrag voraus. Bei der Verbraucherinsolvenz muss der Schuldner zusätzlich zu diesem Antrag u. a. folgende Unterlagen einreichen:

  • bereits erwähnte Bescheinigung über die gescheiterte außergerichtliche Einigung
  • Vermögensverzeichnis
  • Vermögensübersicht
  • Gläubiger- und Forderungsverzeichnis
  • Erklärung über die Vollständigkeit die Richtigkeit aller Angaben
  • Schuldenbereinigungsplan

Achtung! Das Insolvenzgericht erteilt die Restschuldbefreiung nur dann, wenn der Schuldner diese im Vorfeld auch beantragt hat. Deshalb muss er zusätzlich zum Insolvenzantrag auch einen Antrag auf Erteilung der Restschuldbefreiung stellen. Dieser ist dem Insolvenzantrag beizufügen.

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